11.09.2014

Helmpflichturteil - BGH Urt. v. 17.06.2014 VI ZR 281/13

Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall im Jahre 2011 Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § STVG § 9 StVG, § BGB § 254 BGB § 254 Absatz 1 BGB gemindert.

Die Klägerin begehrte Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall. Sie fuhr mit dem Fahrrad ohne einen Helm zu tragen an dem mit seinem Fahrzeug parkenden Beklagten auf dem Radweg vorbei. Der Beklagte öffnete die Fahrertür, die mit der Klägerin zusammenstieß. Die Klägerin stürzte, fiel mit ihrem Kopf auf den Asphalt und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu.

Die Beklagte beantragte, bei der Berechnung der Schadenersatzansprüche der Klägerin aufgrund dessen, dass sie keinen Helm trug und so Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe, ein 50%-iges Mitverschulden anzurechnen. Das Landgericht lastete in seiner Entscheidung der Klägerin ein Mitverschulden i.H.v. 20 % an, da laut Ermittlungen des Gerichts die Verletzungen des Kopfes durch Tragen eines Helmes zwar nicht verhindert, aber zumindest abgemildert worden wären.

Die auf das Urteil eingelegte Revision der Klägerin beim BGH hatte Erfolg.

Der BGH führt aus, dass ein Mitverschulden anzunehmen ist, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Ein solcher Sachverhalt ist dabei nicht etwa nur anzunehmen, wenn der Geschädigte Rechtsvorschriften missachtet hat, sondern auch dann, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Um sich von einem Mitverschulden zu befreien, muss er sich verkehrsrichtig verhalten. Verkehrsrichtig, so der BGH, bedeutet nicht nur die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung, sondern auch das mögliche und zumutbare Geringhalten der verkehrstypischen Gefahren, was sich nach der Verkehrssitte bestimmt.

Das vorinstanzliche Gericht stellte eine solche Verkehrssitte, es gehöre zum allgemeinen Verkehrsbewusstsein, einen Helm zu tragen, fest.

Ein solches lehnte der BGH jedoch in seiner Entscheidung ab, da laut Auskunft des Bundesanstalt für Straßenwesen, die Quote für helmtragende Radfahrer lediglich bei 11 % liege. Zwar ließe sich im Vergleich zu den Vorjahren eine leichte Steigerung feststellen, dennoch ist die Quote auf einem niedrigen Niveau und rechtfertige deswegen nicht die Annahme, es sei zur Verkehrssitte geworden, einen Helm als Radfahrer zu tragen.

Eine Regelung, die das Tragen einen Helmes vorschreibt, ist nicht existent.

Eine Verkehrssitte, dass Radfahrer im Straßenverkehr einen Helm tragen, ließ sich zumindest zum Unfallzeitpunkt im Jahr 2011 nicht feststellen.

Daher konnte der Klägerin kein Mitverschulden angelastet werden.