31.03.2014
Ordentliche krankheitsbedingte Kündigung
Eine Kündigung ist wegen lang anhaltender Krankheit gem. § 1 II KSchG sozial gerechtfertigt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Vorliegen einer negativen Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit
2. Vorliegen einer auf der Prognose beruhenden erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
3. Betriebliche Beeinträchtigung führt zu nicht mehr hinnehmbarer Belastung des Arbeitgebers
Bei einer dauernden Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers ist in der Regel von einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen auszugehen. Die krankheitsbedingte Kündigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an einem anderen Arbeitsplatz möglich ist, diese muss jedoch gleich oder geringer bewertet sein, als die bisherige Tätigkeit des Arbeitnehmers.
Gegenstand des von dem BAG zu beurteilenden Sachverhaltes war die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Klägers, welche auf die lang anhaltende Arbeitsunfähigkeit gestützt war. Der Kläger war seit dem 07.01.2002 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt, nachdem er aus einer Fachklinik entlassen wurde, traute er sich die bisherige Tätigkeit nicht mehr zu und konnte zudem auch nur noch 3 – 6 Stunden täglich arbeiten. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten wurde eine neue „Fachgruppe Sonderaufgaben“ eingerichtet. Der Kläger bewarb sich darauf hin um ausgeschriebene Stellen im Unternehmen, welche höher bewertet waren als seine bisherige Tätigkeit. Die Beklagte lehnte jedoch eine Einstellung aufgrund mangelnder Führungsfähigkeiten ab. Nach Anhörung des Betriebsrates kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis innerhalb ordentlicher Frist.
Die dauernde Leistungsunfähigkeit des Klägers in Bezug auf seine ursprüngliche Tätigkeit wurde festgestellt, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ist somit gegeben, so das BAG. Das unternehmerische Ziel, durch Einstellung einen bestimmten Arbeitsbedarf abzudecken, ist bei dauernder Leistungsunfähigkeit nicht mehr zu erreichen, woran auch Vertretungsmöglichkeiten nichts ändern können. Somit ist das vertragliche Äquivalenzverhältnis nachhaltig gestört, da die wirtschaftliche Erwartung, aufgrund welcher das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Inhalt geschlossen wurde, nicht mehr erfüllt werden kann. Vertretungsmöglichkeiten und somit eine nicht gerechtfertigte Kündigung kommen laut dem BAG nur in Betracht, wenn die dauernde Leistungsfähigkeit nicht festgestellt wird. In einem solchen Fall wäre eine auf 24 Monate bezogene negative Prognose erforderlich.
Die Kündigung des Klägers ist auch nicht wegen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit unwirksam. Grundsätzlich schließt jedoch die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einen freien Arbeitsplatz die krankheitsbedingte Kündigung aus, da dann keine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegt. Jedoch können nur solche freien Arbeitsplätze in Betracht kommen, die gleichwertig oder geringer bewertet sind als die ursprüngliche Tätigkeit, das KSchG verschafft keinen Anspruch auf Beförderung.
BAG, Urteil vom 19.04.2007, Az.: 2 AZR 239/06